Um der Strenge ihres türkischen Elternhauses zu entkommen, ist die junge Sibel zu allem bereit. In ihrer Verzweiflung bittet sie den 40-jährigen Alkoholiker Cahit, eine Scheinehe mit ihr einzugehen. Der willigt ein, und für einen kurzen Moment scheint die Rechnung aufzugehen: Sibel gewinnt ihre lang ersehnte Freiheit und Cahit versucht noch einmal, sein verpfuschtes Leben in den Griff zu bekommen. Doch je mehr er sich in die lebensfrohe junge Frau verliebt, desto mehr gerät der alternde Säufer aus dem Gleichgewicht. Unaufhaltsam bewegt sich das ungleiche Paar auf eine Katastrophe zu.
Handlung
Der Film zeigt zunächst den depressiven Cahit (Birol Ünel), der sich sturzbetrunken nach einer Kneipenrauferei in seinen Wagen setzt und ungebremst gegen eine Wand fährt. Er überlebt den Unfall nahezu unverletzt und findet sich in psychiatrischer Behandlung wieder. Dort begegnet er in einer Selbsthilfegruppe der jungen Türkin Sibel (Sibel Kekilli), die ihn, ohne nur ein Wort mit ihm gewechselt zu haben, bittet sie zu heiraten. Er lehnt ab.
Der Zuschauer erfährt in der Folge mehr über die Probleme Sibels, die in der Klinik ist, weil sie versucht hat sich die Pulsadern aufzuschlitzen. Sie lehnt sich so gegen ihre traditionelle Familie auf und will mehr vom Leben als den durch die Religion vorgezeichneten Weg zu gehen. Als sich die beiden nachts aus der Klinik stehlen, bittet sie ihn erneut, sie zu heiraten. Als er wieder ablehnt, schlitzt sie sich erneut die Pulsadern auf. Er rettet sie, indem er die offene Wunde abbindet.
HochzeitAus der Klinik entlassen, hat Cahit doch Mitleid mit Sibel und beschließt bei ihrer Familie um ihre Hand anzuhalten. Die Eltern willigen etwas widerwillig ein. Damit ist es natürlich nicht getan, seine Hilfestellung hat weitreichende Folgen. Kurz darauf zieht Sibel bei ihm ein und beginnt sein stumpfes Leben auf den Kopf zu stellen. Damit sie die Miete aufbringen kann, besorgt er ihr einen Job als Frisörin bei seiner Gelegenheits-Geliebten Maren (Catrin Striebeck).
Zu Cahits Unwillen entwickelt sich aus dem als Scheinehe geplanten Zusammenleben der beiden mehr. Er hegt nach und nach Gefühle für seine Mitbewohnerin, mit der er verheiratet ist, um sich irgendwann eingestehen zu müssen, dass er in Sibel verliebt ist. In dem Moment, in dem auch sie bemerkt, dass sie Cahit liebt, geschieht die Katastrophe: In Cahits Stammkneipe provoziert Nico (Stefan Gebelhoff), eine der vielen abgelegten Affären Sibels, Cahit massiv. Der dreht durch und tötet ihn versehentlich, indem er ihn mit einem Aschenbecher erschlägt. Er muss ins Gefängnis.
Flucht nach IstanbulAuch Sibels Welt liegt in Trümmern. Sie fühle sich für die Geschehnisse mit verantwortlich und unternimmt einen weiteren Suizid-Versuch. Von ihrer Familie wird sie verstoßen. Sie flieht zu ihrer Cousine Selma (Meltem Cumbul) nach Istanbul. Dort angekommen fühlt sie sich anfangs fremd, versucht sich aber anzupassen. Sie arbeitet in Selmas Hotel als Zimmermädchen, beginnt aber aus der Welt ihrer Cousine auzubrechen, mit der sie sich nicht identifizieren kann und verachtet Selma sogar bald. Sibel versucht, ihr Leben mit Drogen erträglicher zu gestalten. Dabei verliert sie jeden Halt. Den negativen Höhepunkt erreicht ihr selbstzerstörerisches Leben als sie von von Drogen bis zur Besinnungslosigkeit betäubt, vergewaltigt und wenig später in einer wüsten Schlägerei mit drei Männern fast getötet wird.
Nach Jahren aus dem Gefängnis entlassen, macht sich Cahit auf nach Istanbul, um Sibel zu suchen. Seine Spur führt ihn zum Hotel, in dem Sibel arbeitete, welches Selma mittlerweile leitet. Von Selma muss er erfahren, dass Sibel mittlerweile ein neues Leben begonnen hat. Sie habe ein Kind und einen Freund, mit dem sie glücklich sei. Selma, die befürchtet, dass Cahit ihr Glück gefährden könnte, will ihm nicht ihre Adresse oder eine Nummer geben.
Das WiedersehenCahit lässt sich nicht entmutigen und wartet. Eines morgens erhält er einen Anruf von Sibel. Auf ihre Frage, wie lange er in der Stadt sei, antwortet er: Bis ich dich gesehen habe. Sibel legt auf, und für Cahit beginnt abermals eine Zeit der Wartens. Doch als Sibels Freund für einige Tage nicht in Istanbul ist, kommt es zum Wiedersehen, und die beiden verbringen zwei leidenschaftliche Tage miteinander.
Die beiden lieben sich. Cahit schlägt Sibel vor, zusammen mit ihrer Tochter mit ihm in seine Heimatstadt Mersin zu kommen. Sie verabreden sich für den nächsten Tag am Busbahnhof. Doch sie erscheint nicht. Obwohl sie ihre Koffer bereits gepackt hatte kann sie ihre Familie nicht aufgeben.
Weiterführende InformationenWissenswertes über die Produktion und Auszeichnungen des Films.
Weitere Informationen im InternetInterview mit Sibel Kekilli in der FAZ.Ich will kein Sonntagskind sein Interview mit Regisseur Fatih Akin im TagesspiegelDas Filmheft der Bundeszentrale für politische Bildung zu Gegen die Wand Die Einschätzung Enthüllung von Jan Schulz-Ojala im Tagesspiegel, die den Pornoskandal rund um die Hauptdarstellerin Kekilli zum Thema hatKatja Nicodemus sieht in ihrem Artikel Ankunft in der Wirklichkeit in Gegen die Wand den Gegenentwurf zu der derzeit in Deutschland geführten Debatte über eine Leitkultur1 Rezensionen:
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1 Leitkultur ist ein Begriff, der von dem Orientalisten Bassam Tibi in die politikwissenschaftliche Debatte eingeführt wurde, um einen gesellschaftlichen Wertekonsens zu beschreiben. Später wurde der Begriff in der politischen Diskussion verwendet, um die Forderung nach einer Integration von Einwanderern zu unterstreichen. Der Begriff hatte im Jahre 2000 eine weitreichende gesellschaftliche Diskussion ausgelöst und war überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Quelle: Leitkultur in der Wikipedia (dt.)
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