“Wenn ich heute SS-Uniformen sehe und die Hakenkreuzfahne, dann hab’ ich immer noch ein positives Gefühl”, erzählt Helga Kahrau. “Das waren ja die ersten Kindheitserinnerungen. Und dann erst setzt der Verstand ein.” Helga Kahrau wurde in einem der 21 Lebensbornheime geboren, die das nationalsozialistische Deutsche Reich betrieb. Der “Lebensborn” diente der NS-Rassepolitik und war eine Idee Heinrich Himmlers, des Reichsführers der SS. Aufgenommen wurden nur solche schwangeren Frauen, die nachweisen konnten, dass sowohl sie selbst als auch der Vater des Kindes arisch im Sinne der NS-Rassegesetze waren. Dann konnten sie im Lebensbornheim diskret entbinden. Die hier geborenen Kinder waren häufig unehelich, Ergebnis einer Affäre und ungewollt. Der “Lebensborn” organisierte auf Wunsch auch die Adoption der “arischen” Kinder oder die Unterbringung bei Pflegeeltern, oft hochrangige SS-Familien. Auch Michael Sturm und Heilwig Weger sind in einem der 21 Lebensbornheime zur Welt gekommen. Und wie Helga Kahrau wussten sie lange nichts über die wahre Geschichte ihrer Geburt und Herkunft. Sie wurden ihnen von den eigenen Müttern lange verschwiegen – ebenso hartnäckig verweigerten die Mütter Auskunft über den leiblichen Vater. Heilwig Weger wusste lange nicht einmal, dass der Mann, den sie als Vater liebte und der als NS-Kriegsverbrecher hingerichtet wurde, nur ihr Adoptivvater war. Die Scham darüber, im Zeichen der NS-Rassezuchtpolitik geboren zu sein und der dringende Wunsch, den richtigen Vater zu finden, ließ sie nicht mehr los. Das Gefühl, “…irgendwie Schuld zu haben an irgendwelchen Dingen, an denen ich im Grunde nicht Schuld habe”, begleitet viele Kinder des Lebensborn ein Leben lang.